Während im Nahen Osten die ältesten antisemitischen
			 Legenden taufrisch unters Volk gebracht und die schon hundertmal als
			 Fälschung entlarvten »Protokolle der Weisen von Zion« unbeirrt
			 vom Staatsfernsehen ausgestrahlt werden; während Berlin und Brüssel
			 ihre dortigen Verbündeten pflegen, die antisemitischen Schulbücher
			 der palästinensischen Autonomiebehörde finanzieren und unter der Hand
			 auch den Sprengstoff der Selbstmordattentäter; während
			 globalisierungskritische AktivistInnen und christdemokratische Politiker
			 gemeinsam einen israelischen »Vernichtungskrieg« brandmarken,
			 deutsche Sozialdemokraten den Dialog mit islamistischen Judenmördern
			 suchen, italienische Linke antiisraelische Fackelmärsche durchs
			 römische Ghetto veranstalten und britische Wissenschaftler  Forscht
			 nicht beim Juden!  den akademischen Boykott betreiben; während
			 philosophische Rechtfertigungen des Selbstmordattentats,
			 Verschwörungstheorien über die Beteiligung des Mossads am Anschlag
			 auf die Twin Towers, Phantasien über die Ermordung eines
			 jüdischen Kritikers sich prächtig auf dem deutschen Büchermarkt
			 verkaufen und laut Meinungsumfragen die Mehrheit der Bevölkerung Israel
			 für die größte Gefahr für den Weltfrieden hält 
			 währenddessen also rätselt ein Hamburger Politologe in seiner
			 Vorlesung, warum bloß diese »hektische Anti-Antisemitismusdebatte
			 entfacht« werde, wo es doch »keinen relevanten Antisemitismus
			 mehr« gäbe, und fragt sich und seine Zuhörer, ob nicht vielmehr
			 »die Juden selbst Schuld« am Antisemitismus seien. 
Weil wir die
			 Debatte über das neuerliche Aufflammen des beharrlich sich erhaltenden
			 antisemitischen Ressentiments anders als durch Verleugnung, Verdächtigung
			 und Schuldverschiebung führen wollen, möchten wir mit Interessierten
			 gemeinsam Texte lesen und diskutieren, die versprechen, das Phänomen
			 kritisch zu durchdringen. Wir wollen dabei uns sowohl den gegenwärtigen
			 Erscheinungsformen als auch dessen gesellschaftlichen Ursachen widmen 
			 und nicht zuletzt der Frage nachgehen, warum Antisemitismus, das
			 »Gerücht über die Juden« (Adorno), auch nach Auschwitz
			 nicht zum Schweigen zu bringen gewesen ist. Beginnen wollen wir mit den
			 Theorien zum Vernichtungsantisemitismus von Adorno / Horkheimer und Moishe
			 Postone, um daran anschließend den Begriff des »sekundären
			 Antisemitismus«  eines Antisemitismus nicht trotz, sondern wegen
			 Auschwitz  zu klären. Über die Auseinandersetzung mit dem
			 linken Beitrag zur Modernisierung des Ressentiments, dem
			 »Antizionismus«, wollen wir schließlich zur Analyse des
			 gegenwärtig zu beobachtenden »neuen« oder »globalen
			 Antisemitismus« gelangen, in dessen Mittelpunkt nunmehr Israel als
			 »Jude unter den Staaten« steht; der statt im Zeichen des
			 Herrenvolks im Namen der Völkerrechte agiert und
			 dem Juden nicht als rassisch minderwertig, sondern als
			 politisch verdächtig gelten: denn sie könnten ja
			 Zionisten sein. 
Das erste Treffen des Lektürekurses findet am 26.
			 Oktober, 18 Uhr 
			 statt. Nach der 2. Sitzung am 2. 11. soll es dann im
			 zweiwöchigen Rhythmus weitergehen, jeweils (sofern sich gegen den Termin
			 kein massenhafter Protest erhebt) Mittwochs von 18 bis ca. 21 Uhr.
Es wird
			 einen umfassenden Reader (mit Aufsätzen von Jean Améry, Eike
			 Geisel, Alain Finkielkraut, 
) geben, der sowohl Vorschläge für
			 die gemeinsame Lektüre enthält als auch Texte zum individuellen
			 Weiterlesen. Textgrundlage der ersten drei Treffen wird sein: 
			 
Horkheimer,
				Max und Theodor W. Adorno, Elemente des Antisemitismus, in: dies.,
				Dialektik der Aufklärung (Frankfurt: Fischer Tb., S. 177-217;
				auch in: Th. W. Adorno, Ges. Schriften Bd. 3, oder Max Horkheimer, Ges.
				Schriften Bd. 5) 
 
			 
			 Es wäre schön, wenn Ihr zur ersten Sitzung die ersten beiden Thesen
			 der Elemente von Horkheimer / Adorno gelesen hättet (insgesamt
			 fünf Seiten), damit wir nach den einführenden Worten gleich loslegen
			 können. Für die weiteren Sitzungen hoffen wir natürlich, die
			 TeilnehmerInnen in die Vorbereitung miteinbeziehen zu können & freuen
			 uns schon auf anregende Diskussionen. Begleitend zum Lektürekurs wird es
			 aller Voraussicht nach auch einige Veranstaltungen zum Thema geben. Nähere
			 Informationen werden, sobald das Programm feststeht, unter
			 
http://www.freie-hh.de oder
			 
http://studienbibliothek.org zu
			 finden sein. Dort wird auch stehen, ab wann der Reader zur Verfügung
			 steht. Nachfragen und Kontakt: