A=A Ich bin Ich G-G'.
Die Konstitution von Sicherheit, wie sie die kapitalistische Gesellschaft an sich selbst stiftet...

Die Ware kann ihre Eigenschaften nicht an sich selbst darstellen, sondern nur in einer anderen Ware. Identität hat sie daher nur in ihrem Unterschied, ja: Identität ist dieser Widerspruch überhaupt. Etwas ist, indem es nicht etwas Anderes ist, aber es hat zugleich nur Sein in Bezug auf Anderes. Die Wahrheit ihrer Identität als dieser Widerspruch selbst hat die Ware daher nur in ihrer Waren-Form: Ware A = Ware B – ihre Wahrheit ist daher lediglich das Ganze ihrer Form.

Die andere Ware ist das festgehaltene Äquivalent, an dem sie sich ausdrückt, das Äquivalent somit das Andere ihrer selbst. Im einfachen, d.h. nicht-geldvermittelten, Tausch stellt die eine Ware ihr Dasein unmittelbar als äußeren Gegensatz dar, das reflektierte Äußere substanzialisiert sich wiederum als ihre innere Eigenschaft. Die Ware A ist also nicht nur durch ihr anderes vermittelt (die andere Ware, einfache Negation), sondern sie kommt überhaupt nur zu sich selbst, indem sie an einer anderen unmittelbar erscheint. Indem sie aber an einer anderen Ware erscheint, reflektiert die Ware an ihrem Anderen die eigenen Eigenschaften und bestimmt so ihr Wesen und ihren besonderen Inhalt (Rückkehr aus dem Anderen zu sich als Selbstbestimmung und Negation der Negation). Die Wertform ist somit Bestimmung gebende Reflexionsform überhaupt: Negation des Anderen und allgemeine Form jeder besonderen (Selbst-)Bestimmung in Einem.

Die Identität der Sicherheit
Die Sicherheit, die die kapitalistische Gesellschaft als ihre allgemeinste Ebene konstituiert, läßt sich als diese Identität-mit-sich-im-Anderen bestimmen, oder in dem Sinne, daß Etwas nur Sein hat als Dasein für Anderes. Sicherheit konstituiert sich daher nur gleichzeitig mit Unsicherheit: Sie bestimmt sich durch ihr Anderes und findet an ihm ihren Inhalt, an dem sie allein Sinn macht. Auch auf der entfalteten, konkreten Ebene, z.B. der ‘Inneren Sicherheit’ einer Nation, bestimmen etwa Recht und Gesetz Sicherheit in eben dieser Form: durch Entäußerung ihres Anderen und Negation des Anderen als Unsicherheit. Umgekehrt definiert sich das Schützenswerte durch seine Bedrohung. Ob Grenze oder Gesetz, stets definiert sich das Innere – sei’s die Zugehörigkeit zur Nation oder der einzelne Gesetzesinhalt – durch das entäußerte Andere, so wie die Ware A ihre innere Bestimmung erhält in ihrer Äußerlichkeit, den anderen Waren. Der Begriff der Sicherheit überhaupt ist daher nur im Bewußtsein ihrer Grenze, der Unsicherheit denkbar, ja, im Begriff der Sicherheit selbst ist diese Grenze – und damit auch ihr Anderes – immer schon enthalten. Das Hinausgehen über die Grenze ist zugleich Einholen in die Immanenz, die erst die innere Sicherheit als solche konstituiert. Sicherheit bestimmt sich also notwendig durch das, was sie als ihren Gegensatz negiert. Das Werden der Sicherheit als Prozeß der Transzendenz (über sich hinausgehen) und Immanenz (wieder einholen) ist die beständige Negation, in der die Sicherheit ihr selbständiges Dasein als Praxis des Ausschlusses von Unsicherheit und damit Konstitution ihrer selbst als Sicherheit gewinnt.

Sicherheit als gemeinsames, aber ausgeschlossenes Drittes
Das Geld ist das ausgeschlossene Dritte der Waren, und zwar genau in dem doppelten, paradoxen Sinne des Satzes, der nicht weniger verbirgt als das Paradoxon einer Vergesellschaftung durch ihre Negation: Etwas ist entweder Ware A oder Ware B (= nicht Ware A), es gibt kein Drittes. Und doch existiert eben dieses Dritte – als Geld, als das ausgeschlossene Dritte aller Waren, als ihr Sinnlich-Übersinnliches. Geld ist die Totalität der Warenwelt, weil es all ihre bestimmten Inhalte enthält und sie durch ihre Verdoppelung in ihr allgemeines, abstraktes Äquivalent überhaupt erst als solche darstellbar macht. Nicht in einer anderen, besonderen Ware, sondern erst im Geld als allgemeinem Äquivalent aller Waren bestimmt sich das Dasein der Waren; erst das Geld spaltet die Dinge in den einzelnen Gegenstand als solchen und seinen identifizierenden Begriff (als Geld, Zeichen und Vorstellung abstrakter Gegenständlichkeit überhaupt).

Die Waren haben ihre oben gezeigte Identität und Verschiedenheit also nur in ihrem ausgeschlossenen Dritten, ihre Differenz ist im Geld negiert wie verwirklicht. Die Waren können ihre Einheit aber nur darstellen und sich vermitteln, wenn ihr allgemeiner und objektiver Begriff zugleich dinglich wie auch als reine Form existiert: Das Geld ist die vorausgesetzte, allgemeine ‘Sicherheit’ der Waren, das ihre Einheit nur herstellt, indem es ausgeschlossen bleibt, in ihre Tauschbewegung nur eingeht, um stets wieder herauszufallen und so insgesamt erhalten zu bleiben. Es reflektiert die Waren durch die Position des ruhenden, passiven und neutralen Dritten, doch durch solche Reflexion ist es zugleich mehr als nur Repräsentant. Geld ist aktive Mitte und Vermittlung, stellt ein relationales Verhältnis als ein objektives dar, das Vermittelte als Unmittelbarkeit, Genesis als Geltung und Vergangenes als Gegenwart – und erscheint so als Subjekt der Vermittlung schlechthin. Sicherheit ist schließlich diese zur Objektivität erstarrte Vermittlung, in die hinaus das Geld die Unmittelbarkeit des Seins und des Daseins setzt.

Geld und Gesetz
So wie Ware A und Ware B ihr Dasein nur im Geld als ihrer entäußerten Reflexionsform haben, die als anerkanntes Drittes mit allgemeiner Gültigkeit ihr Verhältnis regelt, stellen auch Recht und Gesetz Sicherheit als neutrale Dritte her, die als übergeordnete Instanzen gleichwohl ausgeschlossen bleiben. Als abstrakt und allgemein gültige, die sich jedoch nicht als solche darstellen können, müssen aber auch Recht und Gesetz wie das Geld endlich werden, wie die reine Form Geld müssen auch der Staat und seine Institutionen dinglich sich verkörpern, also ‘sinnlich-übersinnlich’ werden, um ‘real’ dazwischen treten zu können. Recht und Staat sind daher die unangemessene, weil endlich-besondere, aber notwendige Verdoppelung des reinen Sollmodus des Warenverkehrs und des Apriori des freien und gleichen Tausches: Durch das Recht ist die durchs Geld gestiftete Anerkennung selbst anerkannt, durchs Gesetz das blindwirkende, naturwüchsige Gesetz kapitalistischer Naturwüchsigkeit selbst verdinglicht.

Schon mit dem Geld, in dem alle gesellschaftliche Vermittlung gültig aufgehoben ist, in dem Sinn als Geltung und Sein als Da-Sein existiert, schon mit dem passiven Geldäquivalent ist die Vorstellung von Sicherheit schlechthin gegeben. Die eigene Sicherheit erhält es wiederum in der Autorität eines Staates, der ihm Allgemeingültigkeit und Deckung gibt. Nicht zufällig hat die Münze in der Regel daher den Souverän auf ihrer Seite, der ihr eine territoriale und politische Prägung gibt. Denn das ideelle Gemeinwesen und das reale sind im Staat und im Geld zwei Seiten derselben Medaille: So universell und schrankenlos ihr Charakter (Zahl), so national ihre Erscheinungsweise (Kopf). Das Geld spricht die Sprache des Landes wie das Land die seines Geldes. Die Sicherheit des einen ist auch die des anderen, und die Autorität und die Anerkennung des Staates ist nicht allein sekundär aus dem Geld abgeleitet (indem er sich etwa über Steuern reproduziert), das Geld also nicht bloß das Subsistenzmittel des Staates. Sondern das Geld setzt Geltung schlechthin, und zwar so, daß alle Genesis und Vermittlung zu ihrem Apriori hin aufgehoben ist: Daß Etwas gilt, auch Staat, Recht und Gesetz, ist eine Möglichkeit und eine Reflexionsform des Geldes. Denn die Geltung des Geldes ist das Sollen des Werts (er mag im Geldpreis der Ware angemessen zum Ausdruck kommen oder auch nicht), so wie Recht und Gesetz ihre abstrakte Allgemeinheit im besonderen Dasein zum Ausdruck bringen müssen (sie mag darin adäquat zum Ausdruck kommen oder auch nicht).

Das abstrakt Allgemeine des Werts findet seine notwendige Verdinglichung im Geld wie in Recht und Staat, die Geltung als Sollen schlechthin umsetzen und so als Garanten von Sicherheit auftreten. Geld und Staat sind damit die höchsten, d.h. universellen Formen eines Fetischismus, der als notwendiges Drittes abstrakte Allgemeinheit jeweils nur dadurch hinter dem Rücken der AkteurInnen herstellt, daß die AkteurInnen mit ihren verdinglichten und je besonderen Resultaten konfrontiert sind. Es bleibt das ewige Dilemma wertförmiger Vergesellschaftung, daß in den Wert kein Atom Naturstoff eingeht, die ‘reine gesellschaftliche Form’ sich aber immer nur in ihren endlichen, verdinglichten Resultaten darstellt und sich nur in ihnen auf sich selbst beziehen kann – die reine Form kann sich nur abbilden als die Dinghaftigkeit des Seins selbst, die ihre Wirklichkeit nur im Fetischismus hat.

Die Sicherheit selbstgewisser Subjekte
Das mit sich selbst identische Subjekt ist in der Kantschen Transzendentalphilosophie apriorisch, und mit ihm die Möglichkeitsbedingungen von reiner Erkenntnis und synthetischen Urteilen a priori, also von Erkenntnis, die weder natur- noch gottgegeben ist, weder empirischen noch sinnlichen Ursprungs, und deren allgemeine und notwendige Gültigkeit nicht aus empirischer Erfahrung abzuleiten ist. Die Erkenntnisfähigkeit des Subjekts ist damit durch nichts als durch sich selbst begründet, ja sie ist umgekehrt der Möglichkeit von Erfahrung immer schon vorausgesetzt, daher notwendig apriorisch und transzendental. Die Einheit von Ich-Subjekt und seiner Erkenntnis ist bei Kant im Angelpunkt der "ursprünglichen synthetischen Einheit der Apperzeption" begründet, die die äußere Mannigfaltigkeit kraft der apriorischen Vernunft zu innerer Einheit ordnet. In dieser reinen Synthesis der Vernunft, die zwischen dem "cogito, ergo sum", dem "Ich denke, das alle meine Vorstellungen muß begleiten können", und dem gegebenen Material der empirisch-sinnlichen Welt vermittelt, wird die Einheit des Selbstbewußtseins nur als Dualismus zwischen Apriori (Vernunft) und Ding-an-sich (äußerer Daseinswelt) hergestellt.

Hegel kritisierte Kants dualistische und apriorische Konstruktion einer reinen Vernunft, die sich selbst nicht begründen kann, und die Einsicht in die Möglichkeitsbedingungen der Erkenntnis geben will, ohne Einsicht in die Einsicht geben zu können und also das Denken nicht denken kann. Schon Fichte hatte auf der Suche nach einer Letztbegründung des Ichs eine dialektische Konzeption entworfen, in der das Ich allerdings nur mit sich in Selbstreflexion tritt. Hegel überführte die monologische Ich-Begründung Fichtes, in der ein absolutes Ich dem Nicht-Ich gegenüber tritt und sich das Ich nur dadurch begründet weiß, indem es sich selbst voraussetzt, in eine dialektische Subjekt-Objekt Begründung. Subjekt und Objekt sind immer schon aneinander vermittelt, das Subjekt erkennt sich selbst im Anderen, weil es dieses selbst hervorbringt. Das Dilemma des Kantschen Dualismus, schon zu wissen, um wissen zu können, wird durch die dialektische Gleichursprünglichkeit der Subjekt-Objekt-Konstitution der Zeitlichkeit der Kausalität enthoben. Damit ist sowohl der unaufgelöste Subjekt-Objekt-Dualismus Kants reflexiv vermittelt als auch das unvermittelte, nur durch sich selbst bestimmte Ich Fichtes in die Dialektik von Subjekt und Objekt überführt worden (wobei das Objekt als Entäußerung des Subjekts auch zwischen den Subjekten vermittelt, so daß Subjekt-Objekt nur als Kurzform von Subjekt-Objekt-Subjekt zu lesen ist). Das apriorische Erkenntnisvermögen des Kantschen Subjekts und das monologische Sich-Selbst-Wissen des Ichs bei Fichte sind bei Hegel also immer schon vermittelt durch ihr Anderes, wobei Subjekt und Objekt gleichermaßen ihr Dasein nur in der Form ihrer Vermittlung und ihrer Einheit haben (Idee). Was bei Kant in Apriorisches und Empirisches zerfällt und in den Antinomien der bürgerlichen Gesellschaft verharrt, ist bei Hegel gleichursprünglich im Werden: Das Wahre ist also nicht nur "das Ganze", sondern "es zusammen mit seinem Werden".

Doch für Hegel ist die Methode des Werdens immer schon im erscheinenden Wissen, das sich entäußert, zu seinem Anderen wird und sich in der Wirklichkeit versöhnt. Wie sich das Wissen im Kapital gegenständlich organisiert, wie es sich fixiert im Produktionsmittel, darüber akkumuliert wird und sich geschichtlich linearisiert, wie die Methode also selber gegenständlich ist und das Denken durch die Vermittlung der Dinge vermittelt ist, dieses ‘Methodenproblem’ geriet auch bei Hegel zu einem Ding-an-sich, ohne daß es jedoch überhaupt noch als solches problematisiert werden konnte. Erst im Marxschen Fetischkapitel tauchte das ‘Methodenproblem’ wieder auf: In den Sachen verbirgt sich die gesellschaftliche Vermittlung, die gesellschaftliche Vermittlung aber muß sich verdinglichen und versachlichen, um überhaupt erscheinen zu können. Die Erkenntnis der Sachen und Personen ist zugleich Verkennen ihrer gesellschaftlichen Vermittlung, die nur in ihrer Verdinglichung erscheinen kann – Erkennen und Verkennen sind eins. Das Kapital ist bei Marx schließlich analogisiert als Hegels "absolutes Subjekt", die "Idee" als das identische Subjekt-Objekt, die Kantsche "Synthesis a priori" ist der gesellschaftliche Zusammenhang als Prozeß der Wertverwertung, der im Rücken der Akteure diese erst konstituiert.

Marx entwickelte daher auch keine eigenständige Subjekt- und Erkenntnistheorie. Für ihn war das Subjekt "Ensemble seiner gesellschaftlichen Beziehungen" und Erkenntnis immer schon gesellschaftlich produzierte Erkenntnis – Erkenntnisformen sind damit gesellschaftliche Existenzformen, Daseinsformen. Die Kritik der Politischen Ökonomie ist ebenso Ideologiekritik, d.h. Methodenkritik der klassischen Ökonomie und des bornierten bürgerlichen Bewußtseins und seiner Notwendigkeit. Trotzdem entwickelte Marx aus der Kritik der Politischen Ökonomie keine allgemeine Kritik der Erkenntnis. Der Versuch, Warenform und Subjekt- bzw. Denkform zu vermitteln und Gesellschaftskritik auch als Erkenntniskritik anzusetzen, ist erst viel später, durch Lukács, Alfred Sohn-Rethel, die Kritische Theorie u.a. in Angriff genommen worden. Erst wenn die Marxsche Wertform auch als Erkenntnisform vorgestellt wird, wird sie zum Begriff der Totalität der politischen Ökonomie mitsamt ihren Erkenntnis- und Bewußtseinsformen, in dem sowohl die apriorische und reine Form Kants als auch die selbstkonstitutive Vermittlung der Hegelschen Dialektik aufgehoben sind – die Wertform ist Einheit von Apriori und Vermittlung. Von der Wertform als allgemeiner Form der Vermittlung ist nicht zu abstrahieren, sie ist als Formtotalität jeder Praxis und jeder Vorstellung daher auch kantisch-apriorisch immer schon vorausgesetzt.

Die abstrakte Allgemeinheit, die vor Kant nur als Gott gedacht werden konnte und bei ihm bestimmt ist als apriorische Anschauungsform des Subjekts, das damit immer schon als bürgerliches begriffen ist, wird bei Marx zum Begriff des Kapitals schlechthin. Sie wird zum Wesen des Kapitalprozesses, das in seinem Begriff immer schon enthalten ist und die der Durchsetzungsprozeß des Kapitals als sein eigenes Apriori fortgesetzt dinglich und geschichtlich entäußert. Das Abstrakt-Allgemeine ist damit apriorisch und doch gesetzt, Voraussetzung und Resultat zugleich, weil es als das Mittel der gesellschaftlichen Vermittlung selbst dieser einerseits immer schon vorausgesetzt ist, andererseits nur als ihr Resultat erscheinen kann. Geld und Geist als Sicherheit von Gesellschaft und Subjekt sind nur in ihrer gesellschaftlichen Form, ja sie sind diese Form selbst, die aber nur in ihrer Verdinglichung erscheinen kann, weil sich die gesellschaftliche Form nur an ihren endlichen Erscheinungsweisen vermitteln kann.

In der gesellschaftlichen Synthesis, in der die einzelne, besondere Ware in der Realabstraktion des Tauschakts in einen abstrakt-allgemeinen Daseinsmodus gehoben ist und dadurch die Verdoppelung in einen einzelnen, besonderen Gegenstand und seinen allgemeinen Begriff (Wert, dinglich im Geld) erfährt, konstituiert sich das Subjekt in der Reflexion dieser Synthesis. Denn die Realabstraktion von den qualitativen Eigenschaften ist zugleich die abstrakte Gleichsetzung von Verschiedenem, ist zugleich auch ihre Realidentifikation, die die Dinge überhaupt erst als qualitativ unterschiedene und je besondere identifiziert. Diese Realidentifikation im Tausch funktioniert, indem der Begriff (Wert) sich von der Sinnlichkeit abhebt und vom Gegenstand emanzipiert. In Wert und Begriff ist alles Besondere auf ein abstrakt-allgemeines Äquivalent gebracht, sind abstrakte Vermittlung und sinnliche Erfahrung in Geld-Geltung und Ich-Bewußtsein aufhebbar. Das Subjekt hebt sein äußerliches, Nicht-Identisches als ‘innere Sicherheit’ auf, indem es die Äußerlichkeit in der Einheit der Apperzeption an der Ich-Identität darstellt und zur Geltung bringt: Das Ich, das alle meine Vorstellungen begleiten muß, bringt im Denken die äußere, mannigfaltige Daseinswelt in der inneren Anschauung auf ein je begriffliches Äquivalent. Das Ich reflektiert sich also in ein und derselben Form wie der Gegenstand: Ich und Geld vergewissern sich der unmittelbaren Dinghaftigkeit vermittels der Realabstraktion, die das Ding gleichursprünglich als je besonderes und als abstrakt allgemeines festhält. Dieser identifizierende Daseinsmodus ist als Selbstbestimmung des Subjekts aufgehoben.

Der Geist, das Gespenst des Geldes
Wie "der Wert der Begriff der Ware" (Krahl), sind die Begriffe die Waren der Vernunft. So wie die Ware ihre besonderen Eigenschaften im Geld in einem allgemein-anerkannten Äquivalent reflektiert, ist dieselbe Mannigfaltigkeit aufgehoben im Ich, das wie das Geld der reine, leere Begriff ist fürs Mannigfaltige.

Im Tausch verhält sich die Ware zum Geld wie das Selbstbewußtsein zu seinem Ich oder das Denken zur Vernunft: Geld und Ich sind Selbstgewißheit von Ware und Bewußtsein. Wie das Geld ist das Ich-Subjekt Reflexion von Allgemeinem und Besonderem als Einzelnes, das sich dem Gegenstand immer schon apriorisch voraussetzen muß, um ihn vermitteln (Geld) bzw. um ihn denken (Verstand) zu können. (Wie Geld als das Apriori und eigentlicher Agent der Vermittlung erscheint, glaubt das aufgeklärte Subjekt sein eigener Herr zu sein. In aller Aufklärung – das ist ihre letzte Sicherheit – ist daher Geschichte zuletzt immer von Menschen gemacht.) Denn der gesellschaftliche Gesamtzusammenhang, im Geld dinglich realisiert, ist den Subjekten immer schon vorausgesetzt. All ihr Denken und Handeln muß die Identität von Begriff und Sache, die Verdoppelung der Ware in Ware (Sache) und Geld (Begriff) notwendig voraussetzen. So wie die Ware nur Dasein hat, weil ihr die Warenform vorausgesetzt ist, sie ihren Gebrauchswert als Dasein für anderes Dasein immer schon voraussetzen muß und ihre Identität also nur in der Einheit mit ihrem nicht-identischen Anderen hat, so hat auch das einzelne Subjekt sein Bewußtsein nur, indem es sein gesellschaftliches Sein immer schon mitdenkt. (Und in den Begriffen zur Sprache bringt.)

Die Dinge und sich selbst als je identisch bestimmen zu können, ist die Sicherheit des Subjekts, seine blinde Selbstgewißheit der Realabstraktion. Das Subjekt reflektiert das Dasein der Dinge daher immer auch als sein eigenes, die Warenidentität ist keine andere als die ihrer Besitzer. Trotzdem erscheint es ihnen gegenüber als frei und selbständig. Denn um äußerliche und besondere Waren sich als solche aneignen zu können, müssen sie innerlich als Allgemeine aufgefaßt werden: solch verinnerlichte Allgemeine sind sie im Geld, dem Ich der Waren, und dem Geist, dem Gespenst des Geldes. Der begriffene Gegenstand ist darum im Ich und im Geld immer schon ‘ideell’ enthalten, er ist geistiges wie materielles Vermögen. Die reine Synthesis des Tausches macht Geld und Geist daher zu Subjekten eines gesellschaftlichen Prozesses, der dem Geist als Freiheit erscheint. Trotzdem ist diese Freiheit mehr als Einsicht in die Notwendigkeit, sie ist selbst die Notwendigkeit: notwendige zweite, gesellschaftliche Natur der Warenbesitzer im Warentausch. Die Subjekte sind selbst nur fetischistischer Ausdruck ihrer Trennung durch die Arbeit und deren Resultate, deren synthetische Einheit nur als Geld und Geist, als Einheit der Warenvielfalt und Einheit der Apperzeption vollzogen werden kann.

Sicherheit als abstrakte Allgemeinheit: Synthesis als gesellschaftliche Reproduktion. Selbstaufhebung des Kapitals in Geschichte. G-G'
Sicherheit ist Setzen dessen, was sie immer schon voraussetzt: Unsicherheit. Sicherheit holt die Unsicherheit, ihr eigenes Anderes, immer wieder ein, indem sie diese aus sich ausschließt. Sicherheit als Einheit von Sicherheit und Unsicherheit reproduziert sich also nur dadurch als mit sich selbst identisch, indem sie beständig ihr Nicht-Identisches aus sich ausschließt.

Totalität als die Sicherheit der kapitalistischen Gesellschaft bleibt nur in der beständigen Reproduktion mit sich identisch. Die sich beständig rekonstituierende Totalität des Kapitalismus aber ist der gesellschaftlichen Synthesis selbst geschuldet, die immer aufs neue abstrakte Allgemeinheit durch qualitative Besonderheiten hindurch herstellt. Weil das Kapital unterschiedliches gleichermaßen produziert und vermittelt, weil es alle Resultate als die eigenen und damit als allgemeine aufgreift, bleibt es in seiner Vielfältigkeit und seinen Gegensätzen identisch. Die Selbstverwertung des Kapitals, das Selbstzweckhafte, Göttliche schlechthin, hebt die gesellschaftliche Synthesis als Zeit auf. Der Kapitalprozeß bringt sich überhaupt nur auf den Punkt durch die Verzeitlichung der Zeit. Was für das Subjekt der Gegenstandsbezug, ist für das Kapital der Gegenwartsbezug, in dem es alles Vergangene verzeitlicht und gegenwärtig macht. Es hat sein ‘Selbstbewußtsein’ nicht dinglich-materiell, sondern als Zeit: Das Kapital verräumlicht die Zeit in den Waren, deren Austausch im zeitlosen, toten Punkt der Gegenwart, der unmittelbaren Identität der Waren im Tausch, der gleichermaßen Vergangenheit und Zukunft realisiert. In der Ware ist die vergangene Produktion gegenwärtig, im Warentausch stellt sich der tote Punkt der Gegenwart her, alle Tauschakte zusammen, Punkt für Punkt, linearisieren sich zum geschichtlichen Prozeß, in dem sich die Zeit topologisiert. Das Geld, das passive Äquivalent der Daseinswelt, bildet den Begriff einer gleichförmigen, linearen Zeitachse, um die sich das Kapital in der permanenten Negation seines gegenwärtigen Daseins herumwälzt, sich selbst historisiert und als Geschichte abbildet. Geschichte existiert also nicht, sondern nur der geschichtliche Prozeß, die Umwälzung der Gegenwart, die als Geschichte gesichert wird.

Die Sicherheit des Kapitals ist diese verallgemeinerte, entqualifizierte und formalisierte Gleichzeitigkeit, durch die die Zeit universell-gültig verendlicht und verräumlicht wird. In der Ware ist der Kapitalprozeß verendlicht, der sich im Warentausch seiner Eigenzeit vergewissert, der im Tausch erst gegenwärtig wird, im Prozeß der Selbstverwertung wieder aufs Produktionsmittel zurückgeführt und fixiert wird und den ganzen Prozeß als Werden historisiert. Die abstrakte Zeit als gesellschaftliche Praxis des Kapitals wird so zur Transzendenz des Kapitals, seiner Gleichheit mit sich in seiner Veränderung: G-W-G´.

Darin aber, in G-W-G´, ist die Zeit die Transzendenz als ihr eigener Prozeß, in dem der Mehrwert sein Mehr gegenüber dem Wert überhaupt nur darstellen kann. Denn der Tausch als Gegenwartspunkt ist an sich zeitlos, der Mehrwert erscheint so wenig in der Produktion wie in der Zirkulation, die er konstituiert, er steckt weder in der einzelnen Ware noch im einzelnen Warentausch. Der Mehrwert des Werts, das Nicht-Identische des Identischen, kann nur erscheinen in der Zeit. Die Potentialität der Arbeitskraft, der einzigen Ware, deren Tausch Mehrwert setzt, erschließt sich überhaupt nur in ihrer zeitlichen Entäußerung, nur dadurch, daß sich die Potentialität in den Waren verdinglicht und durch sie vermittelt. Nur die abstrakte Zeit, die Totalität der kapitalistischen Sicherheit, wie sie die gesamte Gesellschaft an sich selbst herstellt, ermöglicht die Gleichzeitigkeit des Ungleichen und Ungleichzeitigen, in der sich die Unterschiede und die Mannigfaltigkeit der Welt in einem universellen Daseinsmodus abstrakter Allgemeinheit darstellen, der sich mit sich selbst vermitteln und seinen Mehrwert auf sich selbst abbilden kann: G-W-G`.

Frank Engster