robotnik park – eine antwort auf die automatische moderne von team telekom automatische moderne light – kritik an automatische moderne zur metakritik der formalisierung oder „von endlichkeit läßt sich nicht abstrahieren“
von Norbert trenkle von claus-peter ortlieb von andreas schröder
Es ist historisch ebenso bemerkenswert wie leicht erklärlich, daß seit dem take off der bürgerlichen Gesellschaft die Feier des technischen Fortschritts immer dann ihre ekstatischen Höhepunkte erreichte, wenn die Perspektiven sozialer Emanzipation gerade besonders düster schienen. So ging etwa in Deutschland das klägliche Scheitern der sogenannten Revolution von 1848 fast nahtlos in eine ungeheure Technikbegeisterung über. Vor dem Hintergrund des verspätet, dafür aber umso heftiger einsetzenden Industrialisierungsschubs schlug die Enttäuschung des Bürgertums über die verpaßte Gelegenheit, die politische Macht zu erringen, in eine bedingungslose Identifikation mit dem vermeintlich neutralen technischen Fortschritt um. Spiegelbildlich dazu läßt sich etwa der Fortschrittsoptimismus der 1950er und 1960er Jahre wesentlich als Verdrängung der enttäuschten negativen Erlösungsphantasien in Gestalt des „Tausendjährigen Reichs“ und seiner Ungeheuerlichkeiten dechiffrieren. Statt sich ihrer Mittäterschaft zu stellen, fanden die ernüchterten Massen nach dem gewaltsamen Entzug des völkischen Rauschmittels im fordistischen Boom des sogenannten ,Wirtschaftswunders’ ihre Ersatzdroge, deren ,Risiken und Nebenwirkungen’ erst von der Ökologiebewegung ins Bewußtsein gerufen wurden.

So gesehen kann es nicht verwundern, daß nach dem endgültigen Auslaufen des emanzipatorischen Impulses der 68er-Bewegung und der Rückkehr ihrer Protagonisten in den Schoß von Marktwirtschaft und Demokratie eine neuerliche, nun mikroelektronisch basierte Technikeuphorie gerade große Teile der übriggebliebenen Linken erfaßt hat, die als legitime Erben des Aufklärungsdenkens immer schon besonders anfällig für den bürgerlichen Fortschrittsoptimismus waren und die nun auf der neuesten Stufe der Produktivkraftentwicklung reflexhaft diese längst unwirklich gewordene Ideologie noch einmal renovieren.

Der Artikel „Automatische Moderne“ in karoshi Nr.1 führt dies geradezu bilderbuchartig vor. Schon die Form verweist hier auf den Inhalt. In schön positivistischer Manier referiert team telekom (tt) zunächst einmal scheinbar neutral die Entwicklung des mathematischen Formalismus und des „Turingdenkens“. Doch handelt es sich, wie immer in solchen Fällen, um die ,Neutralität’ dessen, der an dem ganzen Prozeß eben nichts auszusetzen hat, ihn zumindest als notwendiges historisches Durchgangsstadium auf dem linearen Weg des Fortschritts akzeptiert. Den Zusammenhang zwischen der Durchsetzung der modernen Warenproduktion und dem Prozeß der formalen Abstraktifizierung vergißt tt zwar nicht zu erwähnen, doch erscheint bei ihm die Verdinglichung der gesellschaftlichen Verhältnisse als bloßer positiver Tatbestand, den die „Klassiker der Soziologie beschreiben“ (S. 29; Hervorheb. N.T.).

Nahm Max Weber, auf den sich tt beruft, den Prozeß gesellschaftlicher Rationalisierung zwar als unvermeidbar, jedoch pessimistisch-resigniert zur Kenntnis, so wächst bei tt die Begeisterung, je weiter er im Text voranschreitet. „Der Mensch wird zu einer Maschine unter Maschinen“, (S. 30) frohlockt er und meint allen Ernstes, damit (zusammen mit Turing und Post) Karl Marx radikalisiert zu haben. Letzterer sprach aber nicht zufällig davon, daß der Mensch in der kapitalistischen Produktion zum bloßen Anhängsel der Maschinerie werde, denn er sah ja gerade darin die Degradierung des Menschen, dem seine eigenen Potenzen als fremdes, versachlichtes Aggregat gegenübertreten und ihm dessen blinde Verwertungslogik aufzwingen. Marx, obwohl selbst noch im Fortschrittsdenken des 19. Jahrhunderts befangen, ist hier weit davon entfernt, diesen Prozeß bloß als positives Faktum zu ,beschreiben’; vielmehr ist seine Darstellung immer schon Kritik. Kritik, die nicht einfach oberflächlich hinnimmt, was vermeintlich ,ist’, sondern die die inneren Widersprüche der Verdinglichung menschlicher Bezüge und das, was nicht darin aufgeht, sichtbar macht. Natürlich hat Marx keinesfalls schon eine abschließende und erschöpfende Kritik geliefert, die nur noch ,rekonstruiert’ werden müßte (wie der 70er-Jahre-Marxismus meinte). Doch tt entwickelt sie nicht etwa weiter, sondern fällt um Längen hinter sie zurück. Sein Kronzeuge, Alan Turing, ist nämlich alles andere als radikal kritisch, wenn er anmerkt, der Mensch sei „in effect a universal machine“, sondern allenfalls radikal interessiert. Schon immer war die bürgerliche Vorstellung vom Menschen als lebendiger Maschine nicht nur Ausdruck einer spezifischen Verhaftetheit im rationalistischen Weltbild, also einer Borniertheit des Denkens, sie hielt und hält sich auch deshalb so hartnäckig, weil damit jede Kritik am Bestehenden hinfällig wird. Denn wenn die Menschen und ihre sozialen Beziehungen nach den Mustern mechanischer Prozesse funktionieren, dann kann doch kein Zweifel daran bestehen, daß wir tatsächlich in der besten aller denkbaren Welten leben. Kritikabel ist dann allenfalls noch, daß die Mechanisierung bzw. Automatisierung hinter den vorhandenen Möglichkeiten herhinkt und vielleicht, für die sozialer Gesinnten, daß der gesellschaftliche Reichtum ungleich verteilt ist.

Dagegen verweist die Marxsche Aussage auf etwas ganz anderes, nämlich darauf, daß der Mensch, auch wenn er noch so sehr auf den kapitalistischen Produktionsprozeß zugerichtet und in seinen Potentialen beschnitten wird, immer mehr ist als eine belebte Maschine. Damit ist wohlgemerkt kein positives ,Sosein’ des ,Menschen an sich’ behauptet, sondern nicht mehr und nicht weniger als seine Nicht-Identität mit den Zwängen und Zwecken der Verwertungsapparatur. Dies mag trivial sein, kann aber offenbar gegenüber dem positivistischen Menschenbild der Sozialingenieure und Cyberspace-Euphoriker nicht oft genug wiederholt werden. Wobei es, nebenbei gesagt, gleichgültig ist, ob sich dieses Menschenbild im strengen Sinne ontologisch (der Mensch ist eine Maschine) oder moderner, nämlich konstruktivistisch (der Mensch ist zur Maschine gemacht worden) begründet. So oder so wird impliziert, daß der Mensch im Maschinensein restlos aufgeht.

Vermutlich wird sich tt von einem solchen Einwand nicht getroffen fühlen und argumentieren, auch er behaupte ja, der Mensch sei mehr als eine Maschine. Doch was er dazu anführt, dementiert sich selbst. „Der Mensch ist der Maschine überlegen“, so schreibt er, „aufgrund der Fähigkeit zum unmechanischen Denken“ (S. 30, Exkurs 4). Der Begriff des „unmechanischen Denkens“ aber ist bei tt bloß eine Restgröße, negativ bestimmt durch das, was auch der überzeugteste Positivist nicht mehr in der Kategorie des „mechanischen Denkens“ unterbringen kann, das angeblich Mensch und Computer prinzipiell gemeinsam haben. Diese Restgröße ist allerdings so gut wie inhaltsleer, denn das „mechanische Denken“ reduziert sich bei tt nicht etwa auf die Durchführung wiederkehrender formaler Operationen mit Hilfe bestimmter Algorithmen. Es ist bei ihm vielmehr identisch mit sinnhaftem, vernünftigem und reflektierendem Denken, ja letztlich mit Denken überhaupt. Laut tt haben wir erst dann etwas verstanden, „wenn wir es auch formulieren können, und genau dann ist es schon wieder mechanisierbar!“ (ebd.). Selbst das „unmechanische Denken“ kann sich nie seiner selbst sicher sein: „Sobald man aber dieses Denken reflektierend beschreibt, scheint es auch simulierbar zu sein. Dem Denken, das sich selbst reflektiert, schaut immer schon seine Simulation entgegen!“(ebd.).

Zu dieser geradezu grotesken Aussage kann tt nur kommen, weil er menschliches Denken und Reflektieren immer schon nach dem Muster formal-logischer und maschineller Prozesse denkt, also gerade das voraussetzt, was er zu beweisen behauptet. Ganz wie der mathematische Formalismus, den er beschreibt, baut er sein System auf einigen grundlegenden Prämissen auf, die als solche nicht mehr hinterfragt werden können; und nur dies allein macht die innere Folgerichtigkeit seiner Argumentation aus, die permanent sich selbst zu bestätigen scheint. Der fundamentale Unterschied zwischen „Maschinendenken“ und menschlichem Denken läßt sich aber nicht auf den flachen Gegensatz von „mechanisch“ und „unmechanisch“ reduzieren. Er besteht vielmehr in dem, was in einer langen philosophischen und psychologischen Tradition als Bewußtsein oder Selbstbewußtsein figuriert. Bei aller Schwierigkeit, diese Begriffe im einzelnen zu bestimmen und zu konkretisieren, und über alle Kontroversen zwischen den verschiedenen ,Schulen’ hinweg läßt sich doch soviel festhalten, daß der Mensch die grundlegende Fähigkeit besitzt, sich selbst zu denken, sinnlich wahrzunehmen und zu fühlen oder anders ausgedrückt, auf sich selbst zu reflektieren. Er lebt nicht nur, sondern er erlebt sich auch als einen in bestimmter Weise Lebenden, Denkenden, Fühlenden und Handelnden. Und dies wird der einfachst strukturierte Mensch jedem noch so komplizierten und elaborierten Hochleistungsrechner auf immer und ewig voraus haben.

Auch dann, wenn die Software so konzipiert ist, daß sie sich selbst auf nicht genau vorhersagbare Weise fortschreibt und auf Basis bestimmter Erfahrungswerte ,lernt’, handelt es sich doch letztlich um nicht mehr als um die Verknüpfung mathematischer Algorithmen, die nie so etwas wie Bewußtsein entwickeln werden. Daher können die formalen Operationen von Computern, so komplex sie auch sein mögen, streng genommen auch nie als ,Denken’ bezeichnet werden. Das einzige, was im Rahmen solcher Prozesse möglich ist, sind Rückkopplungsimpulse und systemische Feedbacks, die aber auf der gleichen logischen Ebene angesiedelt sind wie der Kreislauf, auf den sie sich beziehen. Dies mit Reflexion gleichzusetzen, kann nur einem Erzpositivisten einfallen. Reflexion des Denkens auf sich selbst setzt eine Instanz voraus, die Moment dieses Denkprozesses ist und doch nicht darin aufgeht, sondern in Distanz zu sich selbst tritt, ohne sich doch jemals von sich selbst lösen zu können. Diese reflektierende Instanz braucht dabei keinesfalls das abstrakte Ich des selbstidentitären Warensubjekts zu sein, das sich selbst als isolierte Einheit im Gegensatz zu seinen eigenen, von ihm getrennten gesellschaftlichen Potenzen und verdinglichten Beziehungen wahrnimmt. Die Aufhebung dieser fetischistischen Form der Reflexion, die ihren eigenen Konstitutionszusammenhang ausblendet und gerade darin den selbsterhobenen Anspruch von Selbst-Bewußtheit dementiert, ist aber das genaue Gegenteil davon, sie im blinden Regelkreis mathematischer Algorithmen auszulöschen. tt verwechselt auch hier radikale Kritik mit radikaler Affirmation. Anstatt den Zustand gesellschaftlicher Bewußtlosigkeit, die Verwandlung der Menschen in bloße Funktionsgrößen des blinden gesellschaftlichen Automatismus zu kritisieren, drückt sich in seinen Phantasien nichts als die masochistische Lust aus, diesen Zustand auf die Stufe höchster technischer Perfektion zu heben.

Es ist so gesehen durchaus folgerichtig, daß tt in seiner Robotnik-Utopie die für die Herrschaft des Werts konstitutiven Trennungen und Abspaltungen in karikaturhafter und unfreiwillig komischer Form konsequent reproduziert. Jenseits des „Reich(s) von Regel, Sinn und Verstand“ sieht er nur noch das „Irreguläre“, den „Unsinn“ und das „Amusement“ (S. 33). Ein Schurke, wer hierin den warenförmig-patriarchalen Rationalismus am Werke sieht, der alles, was nicht in ihm aufgeht, abstrakt-negativ als ,irrational’ und ,unvernünftig’ von sich abspaltet und inferior setzt. Wenn tt nun statt der ,Vernunft’ den ,Unsinn’ zur conditio humana erhebt, dann sprengt er damit selbstredend nicht die vorausgesetzte Dichotomie, sondern nimmt nur eine zeitgeistbedingte ideologische Umwertung innerhalb ihrer vor. Ganz analog dazu kann er sich offenbar eine ,Aufhebung’ der ,Arbeit’ nur in der absurden Form einer Verallgemeinerung dessen vorstellen, was heute die ,Freizeit’ ausmacht und was nichts als die Rückseite der selbstzweckhaften Verwertungsmaschinerie ist: der rastlosen, leerlaufenden ,Unterhaltung’, des hastigen und entsinnlichten (nur durch die Höhe der individuell verfügbaren Kaufkraft begrenzten) Konsums und des zwanghaften Spaßhabenmüssens mit zusammengebissenen Zähnen. Wollte der Arbeiterbewegungsmarxismus in seinen schlimmsten Horrorvisionen die Gesellschaft in eine Fabrik verwandeln, so möchte tt die kreischende Hölle des Konsumrauschs verallgemeinern, indem er das ,sinnhafte Denken’ und die ,Arbeit’ an ein automatisiertes Maschinenaggregat delegiert, das zum „Sediment“ eines gigantischen Vergnügungspark werden soll, in dem völlig infantilisierte Menschen einen endlosen Kindergeburtstag feiern.

Offenbar ist tt diese Vorstellung selbst nicht so ganz geheuer, denn er sieht sich gegen Ende seines Artikels zu dem Satz genötigt: „Was produziert wird und wie, wird gerade Gegenstand der Reflexion der vernetzten Individuen sein, die endlich Zeit haben werden, praktische Technologiekritik zu betreiben“ (S. 32). Dieser Hinweis wirkt nicht nur deshalb formelhaft, weil er in dem Text völlig isoliert dasteht und nicht weiter ausgeführt wird, so als wäre er im nachhinein eingeschoben – vielmehr bleibt er dem Gang der Argumentation völlig äußerlich. Denn wie sollten Menschen, die alles „sinnhafte Denken“ an Computer abgetreten haben, noch in der Lage sein, „praktische Technologiekritik“ zu betreiben? Entweder ergibt diese Kritik einen „Sinn“, dann müßten sie nichts eiliger zu tun haben, als ein Programm zu schreiben, das ihnen auch diese lästige Mühe endlich abnimmt. Oder es handelt sich um völlig unsinnige Überlegungen, die halt nur so zum „Amusement“ angestellt werden, und die dürften ja wohl kaum dazu geeignet sein, die Technologie und im weiteren Sinne auch die Gesellschaft bewußt zu organisieren. Oder aber tt muß zugestehen, daß sinnhaftes Denken, Reflexion und Entscheidungsfindung weder in formalisierbaren Prozessen noch in der negativen Restgröße des „unmechanischen Denkens“ aufgeht. Dann aber bricht seine gesamte argumentative Konstruktion in sich zusammen wie ein Kartenhaus, und die abstrakten Dichotomien, mit denen sie permanent operiert, erweisen sich als das, was sie sind: Projektionen des warenförmigen Ist-Zustandes.

Nun ist zwar anzunehmen, daß eine post-warenförmige Gesellschaft einen relativ großen Teil der als notwendig erachteten industriellen Produktionstätigkeiten an Maschinen, mikroelektronische Apparaturen, integrierte Kreislaufsysteme u.ä. delegieren wird, um so den Fonds frei disponibler Zeit zu vergrößern. Doch werden die Menschen, wenn sie es wirklich schaffen sollten, sich vom blinden Selbstlauf des Wertfetischs zu befreien, den Teufel tun, sich nun freiwillig einem „sedimentierten“, „selbstverständlich gewordenen“, also nicht mehr hinterfragbaren Aggregat automatisch prozessierender und selbstläufig „evolutionierende(r) technische(r) Dispositive“ (S. 32) auszuliefern. Damit würden sie sich nicht nur erneut entmündigen, sondern sich auch einer enormen, unkontrollierbaren Bedrohung aussetzen, denn wer könnte dafür garantieren, daß die Selbstläufigkeit eines solchen kybernetischen Molochs (soweit er sich nicht ohnehin binnen kürzester Zeit selbst lahmlegt) nicht in automatische Destruktion umschlägt? tt mag sich verbal dagegen wehren, einen „Neuaufguß von den ,guten’ sozialistischen Kernenergieanlagen“ (S. 32) zu präsentieren, der Sache nach tut er es. Dies drückt sich schon darin aus, daß er durchgängig nicht zwischen den von der Produktivkraftentwicklung hervorgebrachten Potentialen und ihren Erscheinungsformen in der Gestalt kapitalistischer Technologie unterscheidet. Zwar sind auch die Produktivkraftentwicklung und die ihr zugrundeliegende moderne Naturwissenschaft untrennbar mit der Durchsetzung der Warenproduktion verbunden und daher alles andere als ,neutral’ gegenüber der gesellschaftlichen Basisform – weshalb sie auch selbst nicht von der Kritik ausgenommen werden dürfen. Dennoch haben sie ein Feld von Möglichkeiten praktischer Konkretisierung eröffnet, das keinesfalls identisch mit dem ist, was unter dem Diktat der Verwertungslogik als „moderne Technik“ hervorgebracht wurde, die in ganz spezifischer Weise auf die Erfordernisse der betriebswirtschaftlichen Vernutzung und der dazu komplementären Bedürfnisstruktur der bürgerlichen Menschen (z.B. Autofahren) zugeschnitten ist.

Bewußte Aneignung der gesellschaftlichen Produktivkraftpotentiale kann daher selbstverständlich nicht bedeuten, das vorhandene Aggregat kapitalistischer Technologie einfach zu übernehmen und auszubauen, ganz so, wie es sich der alte Arbeiterbewegungsmarxismus immer vorgestellt hat und wie es sich offenbar auch tt wünscht, wenn er davon spricht, die „moderne Technik“ werde „zu einer Art Natur, wie die Luft, die wir atmen“ (S. 32). Vielmehr stellt sich, neben einer systematischen Kritik der abendländischen Naturwissenschaft, zuallererst die Frage, welche technologischen und naturwissenschaftlichen Anwendungen für eine nicht-warenförmige Gesellschaft überhaupt geeignet sind und gewünscht werden, welche unbedingt aussortiert, welche umgestaltet und angepaßt und welche neu entwickelt werden müssen. Diese Entscheidungen können natürlich nicht auf der Grundlage irgendwelcher objektiver oder objektivierbarer Kriterien getroffen werden, sondern erfordern die konkrete Auseinandersetzung der Menschen mit ihrem gesellschaftlichen Stoffwechselzusammenhang, mit ihren Bedürfnissen, Möglichkeiten und Grenzen in der Form direkter Kommunikation. Sie werden sich gesellschaftlich darüber verständigen müssen, was sie an Produktion für wünschenswert halten und in welcher Form, unter Berücksichtigung allen Zeit- und Ressourcenaufwands, der Konsequenzen für die Struktur der Tätigkeiten, für die Gestaltung der Städte und Landschaften etc. Ein solcher Prozeß direkter Kommunikation und Auseinandersetzung wird natürlich nie abgeschlossen sein, sondern eine Gesellschaft, die sich bewußt zu sich selbst verhält, gewissermaßen in Permanenz begleiten.

Dabei wird ein ,Verein freier Menschen’ (Marx) sich immer auch bewußt die Frage stellen müssen, ob es denn tatsächlich wünschenswert und sinnvoll ist, frei nach dem alten Galileischen Motto alles zu automatisieren, was automatisierbar ist und alles, was nicht automatisierbar ist, automatisierbar zu machen. Im kapitalistischen Produktionsprozeß stellt sich diese Frage nur insoweit, als jede technische Innovation sich betriebswirtschaftlich rentieren muß. Der Tendenz nach zwingt die Konkurrenz aber permanent dazu, lebendige durch tote Arbeit, d.h. Arbeitskraft durch Sachkapital zu ersetzen. Jenseits der Verwertungslogik entfällt jedoch diese zwangsförmige Eindeutigkeit. Werden nämlich sinnliche, stoffliche, ästhetische und ökologische Kriterien an die Fragestellung angelegt, stellt sich schnell heraus, daß es durchaus von Gewinn an Lebensqualität sein kann, eine ganze Reihe von Produktionsbereichen und anderen gesellschaftlichen Sektoren nicht zu automatisieren.

Dies gilt erstens im Hinblick auf die Qualität bestimmter Produkte selbst, besonders augenscheinlich etwa im Bereich der Nahrungsmittelproduktion, wo totale Automatisierung nur zu Lasten von Schmackhaftigkeit und Vielfalt möglich ist, wie es die kapitalistische Agrarindustrie eindrucksvoll demonstriert. Daß deshalb hier nicht auf den Einsatz von Technik und auf die Anwendung kybernetischer Erkenntnisse (etwa in Form von Kreislaufsystemen) verzichtet werden muß, versteht sich von selbst. Nur wird immer abzuwägen sein, ob und inwieweit dies mit qualitativen Einbußen einhergeht. Zweitens ist durchaus vorstellbar, daß Menschen wieder Lust daran finden, bestimmte produktive Tätigkeiten selbst auszuführen, wenn sie dabei nicht unter dem Diktat des abstrakten Verwertungszwangs stehen, nur einen relativ geringen Teil ihres persönlichen Zeitfonds dafür aufwenden müssen und dabei bestimmte fachliche und persönliche Qualifikationen anwenden und weiterentwickeln können (selbst im Kapitalismus ist das Moment einer Befriedigung in bestimmten Tätigkeiten, wenn auch immer verwoben mit konkurrentem Leistungsverhalten und einer idiotischen Identifikation mit der ‘Arbeit’ als solcher, nie ganz ausgelöscht worden). Kreativität braucht immer einen Inhalt, und wieso sollte dieser nicht auch in der Herstellung von Gebrauchsgegenständen oder dem Erbringen bestimmter gesellschaftlich nützlicher Leistungen bestehen?

Drittens schließlich gibt es große gesellschaftliche Bereiche, die sich der Sache nach prinzipiell gegen eine Automatisierung sperren und von daher selbst im Kapitalismus nur sehr peripher von diesem Prozeß erfaßt worden sind. Dies gilt insbesondere für die im direkten Wohn- und Lebensumfeld stattfindenden sowie für alle unmittelbar auf Menschen bezogenen und an Menschen orientierten Tätigkeiten (also die Organisation des täglichen Zusammenlebens, Pflege von alten und kranken Menschen, Beschäftigung mit Kindern etc.), die heute weitgehend als weiblich besetzter Bereich ,abgespalten’ und an Frauen delegiert sind oder teilweise in Form staatlicher oder kommerzieller Dienstleistungen eher schlecht als recht im wahrsten Sinne des Wortes abgeleistet werden. Da dieser Bereich für den bürgerlichen Mann bislang weitgehend ,automatisch’ zu ,funktionieren’ schien, wünscht er sich offenbar nichts sehnlicher, als diesen Zustand durch eine umfassende ,technische Lösung’ fortzuschreiben. Doch es führt kein Weg daran vorbei, daß eine Automatisierung hier nicht möglich und schon gar nicht wünschenswert ist (wenn auch technische Hilfsmittel Entlastung bringen können) und daß Menschen männlichen und weiblichen Geschlechts auch diese Tätigkeiten gemeinsam und unhierarchisch organisieren und ausführen müssen. Gerade an dieser Stelle wird überdeutlich, daß Mühe und Anstrengung sich nicht abstrakt von Genuß, Freude, Lust, Muße und befriedigenden sozialen Beziehungen abtrennen lassen und mithin auch nicht als solche aus der menschlichen Existenz verbannt werden können. Aufhebbar sind allerdings die repressiv-komplementären Formen des bürgerlichen Leistenmüssens: ,Arbeit’ und ,Hausarbeit’, freilich gerade nicht im Selbstlauf einer „automatischen Moderne“, sondern in der bewußten Hinwendung und konkreten Auseinandersetzung der Menschen mit ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang und mit ihrer Naturbeziehung.

Wenn es denn die Mikroelektronik ist, die mit ihren in der Geschichte des Kapitalismus nie dagewesenen Rationalisierungspotentialen das warenproduzierende System in die finale oder doch zumindest eine dauerhafte Krise stürzt, dann muß eine wertkritische Position sich nicht nur mit ihren Folgen, sondern auch mit ihren gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Voraussetzungen auseinandersetzen, zu denen unter anderem die Mathematik gehört. Hier liegt eine Schwierigkeit, gelten doch allgemein die Mathematik als „stolze Festung des Dogmatismus“ (Lakatos) und ihre Ergebnisse als unangreifbar und von gesellschaftlichen Entwicklungen unbeeinflußt. So hat denn auch die Wissenssoziologie bis vor einigen Jahren einen weiten Bogen um die Mathematik gemacht. Das Buch von Bettina Heintz (BH) scheint der erste Versuch zu sein, sie in die wissenssoziologische Analyse einzubeziehen.

In karoshi Nr. 1 referiert team telekom (tt) einige in diesem Buch beschriebene Entwicklungen und versucht, Konsequenzen über den Kapitalismus hinaus zu ziehen. Was mir zuallererst auffällt, sind die im Text enthaltenen Widersprüche. Es gibt kaum eine Aussage, die sich nicht durch eine andere konterkarieren ließe. tt führt Positionen und Gegenpositionen vor, ohne die Diskussion auszutragen, darin bestand offenbar nicht der Anspruch. Es bleiben Fragen, die Anworten stehen noch aus.

Um ihnen näherzukommen, möchte ich einige der von tt angesprochenen Probleme sortieren in solche, die sich schlicht durch Klärung der zugrundeliegenden Begriffe und Sachverhalte lösen lassen, und solche, die weitergehende Untersuchungen erfordern. Die folgenden Bemerkungen beziehen sich vor allem auf eine von tt zwar nicht durchgehaltene, aber dennoch erkennbare Linie, die mir darauf hinauszulaufen scheint, die Fähigkeiten von symbolverarbeitenden Maschinen ihrer Qualität nach zu überschätzen, etwa nach dem Motto: Einer Technologie, die den Kapitalismus zu sprengen vermag, ist alles zuzutrauen.

Mathematischer Formalismus

Seit Beginn dieses Jahrhunderts hat sich der mathematische Formalismus als die gültige Auffassung von der Mathematik durchgesetzt, die zwar von der mathematischen Praxis täglich widerlegt wird, nichtsdestoweniger aber das Nachdenken über Mathematik ideologisch zu beherrschen scheint. Dieser Ideologie zufolge besteht Mathematik in der Anwendung festgelegter Regeln zur Umformung von Zeichenketten, denen keinerlei inhaltliche Bedeutung mehr zukommt. MathematikerInnen wären demnach so etwas wie geistige FließbandarbeiterInnen. Derjenigen Hälfte der modernen Menschen, die den Mathematikunterricht in der Schule als Horror erlebt hat, mag diese Vorstellung vielleicht nachträglich aufgestaute Rachegefühle befriedigen, dennoch ist sie falsch: Mathematische Tätigkeit besteht nicht in der blinden Abarbeitung von Kalkülen und Algorithmen, sondern u.a. in deren Entwicklung auf der Grundlage inhaltlicher Überlegungen und Schlußweisen.

Tatsächlich bezieht sich die von David Hilbert 1900 begründete „axiomatische Methode“ keineswegs auf die mathematische Tätigkeit, sondern ausschließlich auf die Form, in die ihre Ergebnisse zu bringen seien: Alle Grundannahmen (Axiome) und verwendeten Schlußregeln sind offenzulegen, und in mathematischen Theorien dürfen ausschließlich sie zur Anwendung kommen. Auf diesem Wege soll es möglich werden, die Korrektheit mathematischer Beweise schematisch (letzlich nur durch symbolische Umformungen, im Prinzip also maschinell) und unter Absehen von allen Inhalten sicherzustellen.

Die Betonung des Unterschiedes von mathematischer Tätigkeit und ihrem Ergebnis, auf das allein der mathematische Formalismus sich bezieht, ist deswegen wichtig, weil meines Erachtens die Rede von „denkenden Maschinen“, die ja zumindest das mathematische Denken als irgendwie maschinenhaft charakterisiert, auf einer unzulässigen Gleichsetzung von Prozeß und Produkt beruht. Es ist geradezu, als würde ich die Tätigkeit eines Maurers, der ein Haus aus Stein baut, deswegen als „steinern“ bezeichnen.

Mathematische Moderne

Hilbert hat mit seinem Programm die im 19. Jahrhundert sich bereits abzeichnende Entwicklung zusammengefaßt und damit die Mathematik als eigenständiges Fach konstituiert (vgl. HM, Kap. 2), welches sich nicht über seine Inhalte definiert, sondern ausschließlich über die Form, in die diese zu bringen seien. Damit stellt sich die Frage nach der „mathematischen Wahrheit“: „Niemand kann zwei Herren dienen. Man kann nicht der Wahrheit dienen und der Unwahrheit. Wenn die euklidische Geometrie wahr ist, so ist die nichteuklidische Geometrie falsch, und wenn die nichteuklidische wahr ist, so ist die euklidische Geometrie falsch“ (Frege, Gottlob: Nachgelassene Schriften, HM, S. 117), so die traditionelle Gegenposition. Hilberts Antwort darauf lautet: Beides ist möglich. Zwei in ihren Grundannahmen sich gegenseitig widersprechende Theorien können nebeneinander Bestand haben; welche der beiden die ,wirkliche Welt’ besser beschreibe, sei dagegen eine Frage, die außerhalb der Mathematik liege. Mathematische Wahrheit wird durch die Forderung nach Widerspruchsfreiheit abgelöst: Die Grundannahmen einer mathematischen Theorie dürfen nicht zu Ergebnissen führen, die einander logisch widersprechen.

Sowohl Mehrtens als auch Heintz betonen zu Recht die Freiheit, die Hilbert mit seinem axiomatischen Programm für die Mathematik gewonnen habe: Alles ist erlaubt, solange nur die strenge Form gewahrt wird (HM, Kap. 2, BH, Abschn. 1.1). Die strukturelle Analogie zur Freiheit der Warenwelt wird augenscheinlich, in der von allen Inhalten oder sinnlichen Kriterien abstrahiert werden darf, wenn nur die „ehernen Gesetze des Marktes“ (Graf Lambsdorff) beachtet werden und das Geld zu seinem Recht kommt. So ist es wohl mehr als nur ein historischer Zufall, daß die Mathematik in diesem Jahrhundert zu einer „Königsdisziplin“ expandiert (BH, S. 24) und die Verwissenschaftlichung der Produktion wesentlich in deren Mathematisierung besteht, was heute zu dem in Festreden beschworenen Selbstbild vieler MathematikerInnen geführt hat, die „höchste Form der Rationalität“ zu vertreten. Die Geschichte der Mathematik unter dem Aspekt ihrer Warenförmigkeit wäre allerdings erst noch zu schreiben.

Mathematischer Imperialismus

Das Absehen von allen Inhalten und die damit verbundene Loslösung der Mathematik von der Physik erweitert die Anwendungsfelder. Wo kein bestimmter inhaltlicher Bezug mehr nötig ist, scheint jeder Inhalt möglich. „Ich glaube: Alles was Gegenstand des wissenschaftlichen Denkens überhaupt sein kann, verfällt, sobald es zur Bildung einer Theorie reif ist, der axiomatischen Methode und damit mittelbar der Mathematik“, so Hilbert 1918, und vier Jahre später: „Ich bemerkte einmal, daß die Frage, was angewandte Mathematik sei, mit der Gegenfrage beantwortet werden könnte: Was ist nicht angewandte Mathematik? In der Tat, was wir auch für Gegebenheiten oder Erscheinungen in der Natur oder im praktischen Leben antreffen, überall wird der mathematisch Gesinnte und Eingestellte einen mathematischen Kern finden“ (HM, S. 132/133). Descartes’ Traum scheint in Erfüllung gegangen: „Jene langen Ketten ganz einfacher und leichter Begründungen, die die Geometer zu gebrauchen pflegen, um ihre schwierigsten Beweise durchzuführen, erweckten in mir die Vorstellung, daß alle Dinge, die menschlicher Erkenntnis zugänglich sind, einander auf dieselbe Weise folgen ...“ (Descartes, René: Discours de la méthode pour bien conduire sa raison et chercher la verité dans les sciences, 1637).

Die Frage allerdings, ob der angeblich überall zu findende ,mathematische Kern’ einen Sachverhalt angemessen beschreibt, wird gar nicht erst gestellt. Was sich bei Descartes mit der Anfangseuphorie einer neuen Zeit erklären läßt, bedarf 300 Jahre später schon mehr als nur einer positivistischen Beschränkung des Gegenstandsbereiches wissenschaftlichen Denkens, um dieses auf mathematisches Denken reduzieren zu können. An dieser Stelle mag der lapidare Hinweis genügen, daß noch nicht einmal der Vorgang der Mathematisierung eines nichtmathematischen Problems sich mit mathematischem Denken allein bewältigen läßt (weshalb denn auch Mathematisierungsprozesse aus dem Mathematikunterricht an Schulen und Hochschulen regelhaft ausgeblendet bleiben).

Grenzen

Die von Alan M. Turing und seinen Apologeten aufgestellte These (tt, S. 30), daß „Denken überhaupt, nicht bloß Rechnen, als formaler Prozeß beschrieben werden kann, als regelgeleitete und schrittweise Umbildung von Symbolen“, geht über den mathematischen Imperialismus sogar noch hinaus, indem sie Denken = mathematisches Denken = mechanische Abarbeitung von Kalkülen setzt. Aber nicht nur die erste, auch die zweite Gleichung ist falsch. Turing selbst hat 1936, wie in anderer Weise vor ihm schon Kurt Gödel 1931, nachgewiesen, daß es formalisierte (mathematisch formulierte) Probleme gibt, die sich der Lösung durch einen Kalkül entziehen (s. tt, S.28). Die Grenzen der Möglichkeiten algorithmischer Verfahren verlaufen also bereits innerhalb des Bereichs des mathematischen Denkens.

Es ist deswegen einfach nur irreführend, das „Reich von Regel, Sinn und Verstand“ dem „Turingdenken“ zuzuschlagen, während das „Nicht-Turingdenken“ dem „Irregulären, dem Unsinn, dem Amusement“ vorbehalten bleibt (tt, S. 33). Es ist ja nachvollziehbar, daß jemand die heutige Gesellschaft mit ihrer Aufspaltung in eine von Regeln beherrschte öffentliche und eine der Kompensation dienende private Sphäre so erlebt. Daraus aber ein (gar mathematisch bewiesenes?) Naturgesetz zu machen, schränkt das Nachdenken über eine mögliche postkapitalistische Moderne doch wohl unnötig ein.

Maschinendenken?

Trotz der prinzipiellen Einschränkungen, denen sie unterliegen, ist die Leistungsfähigkeit der Computer erstaunlich, sie nimmt täglich zu, und ein Ende der Entwicklung ist schwer abzusehen. Der „Horror des Kapitals vor der menschenleeren Fabrik“ (tt, S. 31) jedenfalls wird sie nicht bremsen, denn das Kapital als ein bewußtloser Prozeß kennt keinen Horror, nicht einmal den vor dem eigenen Untergang. Solange die Automatisierung auch nur kurzfristige Konkurrenzvorteile verspricht, wird sie weitergetrieben werden.

Die Entwicklung wird begleitet von Euphorie etwa auf seiten mancher VertreterInnen der ,Künstlichen Intelligenz’, die überhaupt keine Grenzen mehr zu erkennen vermögen, und von Ängsten etwa auf seiten mancher PädagogInnen, die Kindern den Umgang mit einem Computer am liebsten verbieten würden, weil dieser sie mit ,binärem Denken’ infiziere. Beiden gemeinsam ist, daß sie einer Maschine Fähigkeiten zum Denken zuschreiben. Aber ein Computer denkt nicht. Algorithmisierung bedeutet im Gegenteil, komplexe Tätigkeiten in eine Form zu bringen, in der sie sich auch unter Ausschaltung jeglichen Denkens durchführen lassen und nur deshalb auch von Maschinen übernommen werden können.

Der Computer ist ein Kind des warenproduzierenden Systems, damit werden sich auch linke Computerfreaks abfinden müssen. Ohne die bereits stattgefundenen Formalisierungs- und Rationalisierungsprozesse in bürgerlicher Gesellschaft und kapitalistischem Betrieb wäre eine Maschine wie die Turings nicht denkbar, die darauf aufbauende Entwicklung nicht möglich gewesen (s. tt, S. 29/30). Auf der anderen Seite ist es gerade unsere eigene Unterwerfung unter die gesellschaftliche „Herrschaft der Regel“, die uns den Blick trübt und eine kritische Einschätzung des Potentials der Computertechnologie erschwert. „Was auf der einen Seite erst die Erfahrungsbasis dafür geschaffen hat, daß der Computer überhaupt denkbar wurde, ist gleichzeitig auch die Voraussetzung für seine Verwendung. Ohne die tiefgreifende Umstrukturierung von Handlungsfeldern unter der Maxime der Regelhaftigkeit und Berechenbarkeit wäre nicht ein breites Spektrum menschlichen Handelns so weit normiert worden, daß seine maschinelle Imitation problemlos möglich wurde. Oder anders formuliert: Nur weil menschliches Handeln unter bestimmten Bedingungen tatsächlich mechanischen Charakter hat, konnten überhaupt Maschinen entwickelt werden, die den Anschein machten, intelligent zu sein“ (BH, S. 299). ,Künstliche Intelligenz’ ist ein Kampfbegriff von Leuten, die Forschungsgelder einstreichen wollen. Ihn ernst zu nehmen, verweist vielleicht nur auf den bereits erreichten Stand unserer eigenen sinnlichen und geistigen Verarmung.

Literatur

BH: Heintz, Bettina: Die Herrschaft der Regel. Zur Grundlagengeschichte des Computers, Ffm 1993

HM: Mehrtens, Herbert: Moderne - Sprache - Mathematik. Eine Geschichte des Streits um die Grundlagen der Disziplin und des Subjekts formaler Systeme, Ffm 1990

tt: team telekom: Automatische Moderne. in karoshi 1,1997, S. 24 – 33

Die Texte von team telekom, Im Material 1.0: Automatische Moderne aus der karoshi Nr.1, Norbert Trenkle, Robotnik Park und Claus-Peter Ortlieb, Automatische Moderne - light in dieser Ausgabe lassen auf ein begrüßenswertes Interesse innerhalb des wertkritischen Diskurses schließen, endlich eine Bestimmung der Voraussetzungen und besonderen Qualität der „mikroelektronischen Produktivkräfte“ vorzunehmen. Diese sind allzu offensichtlich der Grund für das strukturelle Obsoletwerden des unmittelbar Produzierenden, wie wir ihn aus den Zeiten der prosperierenden fordistischen Ära kapitalistischer Produktionsweise kennen, und könnten deshalb für die Sprengung der wertförmig konstituierten gesellschaftlichen Verhältnisse möglicherweise den entscheidenden Zündsatz liefern: „In fact aber sind sie die materiellen Bedingungen, um sie in die Luft zu sprengen“ (Marx). Auch wenn in den neueren theoretischen Bestimmungen der KRISIS-Redaktion davon ausgegangen wird, daß diese Sprengung eher einem ausufernden Flächenbrand sozialer Räume weicht, die von der Warenform entkoppelt sind, bleibt die Berufung auf die „mikroelektronischen Produktivkräfte“ für diese denkbare Form der Aufhebung zentral (siehe KRISIS 19).

Keine Beschaffenheit ohne Bestimmung

Vor dem Hintergrund der Rekonstruktion und Kritik des genetischen Zusammenhangs von Wertform, Identitätslogik und Operationalisierbarkeit („maschinelles Denken“) ist nun die Fragestellung aufgebrochen, wie sich die allgemeine Potentialität der wissenschaftlichen Produktivkräfte zu ihrer besonderen kapitalistischen Erscheinungsweise verhält. Oder ist jedes denkende Trennen in ein Vermögen, das nur zeitlich, aber in unendlich vielen denkbaren räumlichen Darstellungen, und eine technische Realisierung, die nur räumlich, aber nur als vergegenständlichte abstrakte Arbeit existiert, die in der Totalität der Kapitalform nur als Mittel der Wertverwertung eine zeitliche Bestimmung bekommen kann, nicht schon Reproduktion jenes Fetischs, der sich aus dem bürgerlichen Gegensatz von abstrakter Allgemeinheit, als realabstrakte, synthetische Einheit des unendlich Mannigfaltigen, und sinnlicher Besonderheit speist, deren Dasein nur als eine Möglichkeit der Realisierung ihrer abstrakten Bestimmung angesehen werden kann ?!

Jede Besonderheit kann nur kritisiert werden, wenn sie ihre abstrakte gesellschaftliche Bestimmung schon erhalten hat: Die Kritik der Energieproduktion aus Kernkraftwerken kann deren abstrakte Bestimmung, Energie für verschiedene gesellschaftliche Zwecke bereitzustellen, nicht hinterfragen, ohne die Totalität der gesellschaftlichen Beziehungen vollkommen neu zu bestimmen, in denen Energie ,verbraucht’ wird. Dadurch ist die alternative Energiebeschaffung (solare bzw. regenerative Energie) auch zwangsläufig an die politischen Ebene für ihre Durchsetzung gebunden, sie muß sich dem allgemeinen Prinzip, Energieversorgung des warenproduzierenden Universums, andienen, um anwendungsfähig zu werden.)

Die abstrakte physikalische Qualität ,Energie’ selbst konnte erst in dem Moment bestimmt werden, als die allgemeine gesellschaftliche Produktionsweise, durch ,Energieverbrauch’ Ordnung (Gebrauchswerte) herzustellen, in der bürgerlichen Gesellschaft auf sich bezogen und dadurch effektiviert werden konnte. Dieser Bezug vermittelte sich allerdings nicht direkt, sondern durch die Formbestimmtheiten der Selbstverwertung des Wertes, die als Darstellungsformen durchschnittlich gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit im Kapitalismus das erste Mal auf sich abgebildet und in der Konkurrenz miteinander verglichen wurden. Damit entwickelte sich notwendigerweise eine einheitliche, abstrakte Zeit als gesellschaftlicher Maßstab für Effektivität und dadurch die Voraussetzungen der identifizierenden, nicht-empirischen Methoden der modernen Naturwissenschaft. Der selbstprozessierende Widerspruch des Kapitals ist es also, der in seiner fetischistisch erscheinenden Vermittlung als abstrakte Allgemeinheit, als Theorie, die Möglichkeit gegen die Wirklichkeit denken läßt, denn der Begriff ist so in der Zeit, ohne sich im Raum darstellen zu können.

Genauso verhält es sich mit dem selbstreflexiven Denken, das in Distanz zu sich selbst tritt, ohne sich doch jemals von sich selbst lösen zu können. Wie wäre in Anlehnung an die „Logik als das Geld des Geistes“ (Marx) die konstitutive Schizophrenie des bürgerlichen Subjekts, Darsteller des Abstrakt-Allgemeinen, Citoyen, und empirisch-bedürftiges Subjekt, Bourgeois, zugleich zu sein, besser umschrieben: Das Geld als allgemeines Äquivalent tritt in Distanz zu seiner eigenen Form als Ware, ohne sich jemals davon lösen zu können, und ist zugleich Moment des Für-sich-seins als Erscheinungsform des Werts, und der „Wert ist [damit] der Begriff der Ware“(Krahl). Die Möglichkeit der Kritik dieser fetischistischen Form der Reflexion liegt in der tieferen Bestimmung der Identität, des Selbst, begraben, dessen konstitutives Element es ist, das transzendentale, also von Zeitlichkeit abstrahierende Sollen der Geldsubjektivität ist – um in den gewohnten idealistischen Termini zu sprechen. (Eine Schuldnerin muß in dem Verhältnis zu ihrem Gläubiger mit der Zeit identisch bleiben, da sonst die Möglichkeit bestünde, daß die Schuldnerin sich herausredet, sie sei zum Zeitpunkt der Geldleihe eine andere gewesen und müsse deswegen auch nichts zurückzahlen.)

Sinnlichkeit und Abstraktion

Menschliche Sinnlichkeit ist schon immer apperzeptiv, setzt also eine gesellschaftliche Form des Gegenstandsbezuges voraus, die jeden Gegenstand nur als Einheit von Beschaffenheit und Bestimmung wahrnehmen kann. Diese „ursprünglich synthetische Einheit der Apperzeption“(Kant) ist das Apriori, das in der Blindheit jeder fetischistischen Vergesellschaftung durch irgendeine Form der Abstraktion von Zeitlichkeit erzeugt wird. Die kontinuierliche, einheitliche und abstrakte Zeit und damit das identische Selbstbewußtsein ist hierbei nur Produkt der modernen bürgerlichen Gesellschaft; die Ereigniszeit vormoderner Gesellschaften abstrahiert aber auch schon von anderen Begebenheiten zu diesem Zeitpunkt: Mit dem Zeitpunkt des Sonnenaufganges konnten verschiedene Ereignisse, die nicht mit ihm in Zusammenhang gebracht wurden, koinzidierend gedacht werden.

Jede Tätigkeit die zeitlich effektiviert, d.h. auf sich bezogen und in einer gesellschaftlichen Bestimmung verendlicht werden kann, wird in der bürgerlichen Gesellschaft sukzessive der kapitalistischen Warenproduktion unterworfen, wo das Produzieren schon unmittelbar den ,Sinn’ einer gesellschaftlichen Bestimmung hat, als Gebrauchswert für andere zu erscheinen. Der ,Unsinn’ entsteht nur dort, wo diese Tätigkeiten aus strukturellen Gründen (Verdauen, Schlafen, Schwangerschaft, Musikhören(!), Genuß(?) etc.) eigenzeitliche Grenzen aufweisen, die diese darum räumlich abgetrennte Sphäre als Bollwerk gegen die Versachlichung und das Zeitdiktat erscheinen lassen und damit als Ort ,wirklicher’ Sinnlichkeit. Diese Sphäre der Konsumtion und Reproduktion wird aber durch die Kapitalbestimmung nur ein Durchgangsstadium der Kapitalentwicklung (siehe Marx, Grundrisse, Einleitung): Die eigenzeitlichen Grenzen sind unter dieser gesellschaftlichen Form bestimmbar und werden als ,Natur’ sozial konstruiert; das verobjektivierte Resultat dieses Prozesses erscheint dann wieder auf dem Markt der Waren. Der feministische Diskurs zwischen Gleichheit und Differenz ist in der Dialektik von sich Entziehen und Vereinnahmung dieses Bereichs gesellschaftlicher Reproduktion angesiedelt und hat in der poststrukturalistischen Diskurstheorie m.E. endlich den gegenüber ontologischen Bestimmungen fortschrittlichen (aber nach wie vor unhinterfragbaren) Standpunkt des Kapitals eingenommen. Dies verweist nur auf die Tiefe der Konstitution der Geschlechtsidentität, die nur gemeinsam mit der höchsten Stufe wertförmiger Vergesellschaftung gesprengt werden kann. (Das ,Abspaltungstheorem’ (siehe KRISIS 12) wendet sich in seiner Form nur scheinbar gegen die Totalitätskategorie Hegels, die der Marxschen Begriffsbestimmung des Kapitals zugrundelag. Trennungslinie ist allein, daß ein Teil der menschlichen (Re-)Produktionstätigkeit, der notwendig ist, aber nicht auf dem Warenmarkt als ein mit Tauschwert ausgewiesenes Produkt erscheint, der weiblichen Sphäre zugeordnet wird. Diese positive Herangehenweise übersieht, daß der Wert auch bei der Tauschabstraktion die Beschaffenheit des Produktes als vorgängige Naturform konstruiert, dessen Genese in der Geltung, als unmittelbare Zeit des abstrakten Gebrauchs-Werts zu erscheinen, verschwindet. Die gesellschaftlich konstituierte Identität des Weiblichen (der Natur) bekommt ihre Geltung zwar nicht auf dem Markt, ist aber nur als Ausdruck einer zweiten Form von (Eigen-) Zeitlichkeit zu verstehen, die in vorbürgerlichen Verhältnissen tatsächlich als das disparate Gegenüber der wertabstraktiven Sphäre gesehen wurde (Griechischer Polis-Oikos-Gegensatz). Die vermittelnde Einheit mit der unmittelbaren Zeit der männlich konnotierten Tauschabstraktion liegt in der kapitalistisch konstituierten Ebene der abstrakten gleichförmigen Zeit, indem hier beide Phänomene bestimmt werden können und damit das Abspaltungstheorem erst formulierbar wird. Das Kapital schafft also in seiner Totalität erst die Möglichkeit der Kritik der Ontologie des Weiblichen, die Abspaltung bleibt immanent.

Der Algorithmus: Operationen des Selbstbezugs mit Anfang und Ende

Eine richtige negative Bestimmung ist, daß ein Algorithmus kein selbstreflexives Denken realisieren kann. Er stellt keine abstrakte Allgemeinheit dar, die sich zugleich im Selbstbezug auf ihr besonderes Dasein bestimmen könnte, was nichts weiter heißt, als daß der Algorithmus keinen Begriff von sich haben kann. D.h. zugleich, daß er nicht von seiner Zeitlichkeit abstrahieren kann, da diese durch die Taktfrequenz des Computers vorgegeben ist.

Was ist der Algorithmus dann? Und woher kommt wohl seine besondere Qualität, in Verbindung mit der Mikroelektronik die gesellschaftliche Form sprengen zu können? Den genetischen und gesellschaftlichen Zusammenhang von Identitätslogik und den Formbestimmungen der Ware und des Geldes bis zur Entstehung der Kapitalform des Wertes haben R. W. Müller in Geld und Geist und Alfred Sohn-Rethel in Warenform und Denkform oder Das Geld, die bare Münze des Apriori mit den notwendigsten Bestimmungen erläutert.

Die Kapitallogik besteht wiederum darin, daß der Wert sich auf sich selbst abbilden kann, indem er die Endlichkeit als notwendige Darstellungsform zwar gesellschaftlich konstituiert, sie aber nur ,schlecht’, als abstrakt allgemeine formulieren kann. D.h., daß Endlichkeit ihre Bestimmtheit, Moment des unendlichen Prozesses der Wertverwertung zu sein, nur in stofflicher Gestalt durch Unmengen von Waren darstellen kann, die ihre gemeinsame Form, Äquivalent verdinglichter Arbeitszeit zu sein, nur synthetisch über die Realabstraktion des Tausches konstituieren können.

Die identifizierende Methode der Wissenschaften ist das ausführende Organ der abstrakten Allgemeinheit, die jedes in einem zwangsläufig prozeßhaften Experiment erzeugte Verhältnis von Eigenschaften idealisierend, formal und naturgesetzlich und in Absehung von der Zeitlichkeit faßt. Sie ist das positive Pendant zur kapitalistischen Produktionsweise, die die Eigenschaften des Naturprozesses nicht, wie die Wissenschaft, produziert, sondern sie in der Form der Verwertung integriert, den Produktionsprozeß als Naturprozeß formt. Das Experiment gilt dann als mögliche Verwirklichung eines Produktionsmittels, und ist seiner technischen Realisierung in dem gleichen Sinne voraus, wie das gesellschaftliche Apriori der Wertform seinen einzelnen Darstellungen als Waren.

Das mathematische Denken ist also deshalb nicht gleich mechanisierbar, weil die unendlich vielen möglichen axiomatischen Systeme über die Grundlagen des jeweils anderen Systems nichts aussagen können. Sie wurden in ihrer Bedeutung schon im voraus blind (im Positivismus heißt das ,evident’) erzeugt (siehe Ortlieb, Automatische Moderne -Light, Grenzen und das Halteproblem von Turing).

Der Algorithmus setzt also schon immer voraus, daß durch diese bestimmte gesellschaftliche Methode Endlichkeit quantifiziert, also eine Bedeutung durch ein Zeichen selbstidentischer Gewißheit produziert wurde. Der Algorithmus ist danach Selbstbezug eines formalen Systems mit (Ein-)Schreib- und Lesefunktionen und hat sich innerhalb seines Prozesses von den Besonderheiten der Materie ,befreit’, indem ihre Gleichgültigkeit schon im voraus gesichert ist.

Die Operationen innerhalb dieses formalen Systems produzieren allerdings mit der Mächtigkeit einer klassischen Maschine (eines Automaten) Bedeutung, die wiederum aber nur in einem Zusammenhang gesellschaftlicher Verhältnisse und Realabstraktionen existieren kann. (Sprache selbst kann also keinesfalls als unschuldiges Medium ,direkter’ Kommunikation in die Utopie einer ,befreiten’ Gesellschaft übernommen werden.) Die Maschine ist als Selbstgespräch der gesellschaftlichen Verhältnisse geformt, sie operiert und hat deshalb auch eine Beschaffenheit. Diese macht aber nur Sinn, indem die Maschine ihren Wert im Produktionsprozeß auf die Waren überträgt; sie ,informiert’ nur Gegenstände nach schon vorausgesetzter Maßgabe. Ein Computer ist danach nur eine durch die kapitalistische Produktionsweise notwendig hervorgebrachte universelle Maschine. Seine Beschaffenheit muß nur den Dienst erweisen, einen in einem formalen System verendlichten identitären Zeichensatz ,verarbeiten’ zu können. Darüber können verschiedene Gegenstände ,informiert’ werden (Roboter), wobei dieses Bild eines flexibel programmierbaren Roboters nur die verlängerte Vision des Ersatzes fordistischer Fließband- oder manufaktureller FacharbeiterInnen ist, also noch vollständig dieser Produktionsweise verhaftet bleibt.

Die Anwendung und Herstellung des Computers ist in der Kette der Formkonstitutionen der menschlichen Gesellschaft das vorläufig letzte Glied der Vermittlung der Identitätslogik, die nur darauf gegründet ist, daß die Formalisierung von Problemen zum Zwecke ihrer Lösung ein gesellschaftliches System von Beziehungen und eine Produktionsweise voraussetzt, deren gesellschaftlicher Charakter erst über ihr verdinglichtes Produkt erscheint.

Der Algorithmus implementiert in seinen Operationen das Für-sich-sein der kapitalistischen Produktion, die – wäre sie begrenzt – bald vollständig implementierbar wäre. Die Menschen wären dann von der Arbeit völlig befreit und die kapitalistische Produktion nicht mehr sie selbst. Tatsächlich ist die kapitalistische Produktionsweise allerdings gerade dadurch charakterisiert, daß sie alle Begrenztheiten durch die Form der abstrakten Allgemeinheit zu transzendieren neigt und die Implementierung eines Teils dieser Produktion als Für-sich-seiende nur der Ausdruck des Widerspruchs des Kapitals ist, die Negation der Arbeit zu sein. Aber trotz der gesellschaftlichen Voraussetzungen des Anfangs und des Endes eines Algorithmus ist sein Prozeß die eigene Melodie der kapitalistischen Verhältnisse. In Anlehnung an Marx ist uns hiermit die Bedingung der Möglichkeit gegeben, die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen.

Die Implementierung läßt nämlich die Blindheit des Konstitutionszusammenhangs, Realabstraktion von Mannigfaltigem zu sein, von der gesellschaftlichen Ebene in der ,operierenden Maschine’, im Naturprozeß als Produktionsprozeß, verschwinden (Die Methode ist nur der auseinandergelegte Inhalt.). Jeder mögliche Zugang zu den Algorithmen repräsentiert der Form nach schon die Allgemeinheit: Diesmal allerdings als allgemeine Bedingung der Möglichkeit, die Algorithmen wegen ihrer Universalität auch anders bestimmen zu können, selbst Einschreibungen vorzunehmen, ohne den fetischistischen Weg der politischen Sphäre begehen zu müssen und Interessen als Bestimmung der Warenform durchzusetzen. Die verschiedenen inhaltlichen Bezüge müssen nicht erst umständlich über ihr Produkt auf eine gesellschaftlich kommensurable Form reduziert werden, die Austauschbarkeitsform ist schon Vorbedingung des Zugangs zu dieser Welt und kann ihre blinde Hülle nun erst kritisieren.

Schnelldurchlauf einer Zukunftsvision

Dieses Aggregat gesellschaftlich bestimmbarer Produktionsmittel kann also als das genaue Gegenteil einer unkontrollierbaren Megamaschine entwickelt und prinzipiell nicht als dem menschlichen Zugang und der Kritisierbarkeit entzogen gedacht werden. Die Algorithmisierung schreitet dabei nur in dem Maße voran, wie sie Kritik der Beschränkungen der Hardware, reale Technikkritik als Methodenkritik ist. Die Wissenschaft löst sich als eigenständige Sphäre und ausführendes Organ der abstrakten Allgemeinheit in die unmittelbare konkrete Allgemeinheit der Gesellschaft auf. Das Ende der kapitalistischen Formbestimmtheit ist auch das Ende der Identitätslogik. Mit dem gleichzeitigen Verschwinden der abgespaltenen weiblich konnotierten Sphäre hat ALLES eine eigenzeitliche, unmittelbar gesellschaftliche Bestimmung, ist selbstzweckhaft und super: Das ist der Kommunismus, den wir alle wollen!!


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